Running clinic Mom – Laufen nach Schwangerschaft: Physiotherapeutinnen helfen!

Die Physiotherapeutinnen Franziska Severino-Schönburg und Franziska Malle helfen Frauen nach Schwangerschaft im Rahmen von Running Clinic Mom beim Wiedereinstieg ins Lauftraining. Wie das genau geht, habe ich bei den beiden nachgefragt.

RH: Es gibt mittlerweile (erfreulicherweise) viele Angebote für Schwangere und Frauen nach Geburt was körperliches Training betrifft. Was unterscheidet running clinic mom da von anderen?

RCM: Alle Kurse der RCM basieren auf medizinischem Training, das ausschließlich von spezialisierten Physiotherapeutinnen durchgeführt wird. Es handelt sich um ein Trainings bzw. Therapiekonzept von (Physio-) Müttern für Mütter gestaltet und auf den Alltag mit Kind zugeschnitten. Sprich: Rückbildung wie auch Training in der Schwangerschaft mit Kind wie auch Geschwisterkindern im Park -gut erreichbar- ohne Anmeldung und Bindung.Da es sich um ein physiotherapeutisches Präventionsprogramm handelt, übernehmen auch einige private Versicherungen bzw. die SVA einen Teil der Kosten.

RH: Ihr seid vom Grundberuf Physiotherapeutinnen. Inwieweit profitieren die Frauen von diesem Hintergrund?

RCM: Wir sind durch unseren Beruf darauf geschult unsere Klienten ganzheitlich zu behandeln, vereinen zusätzlich die Trainingslehre mit unserem medizinischen Wissen. Wir legen Wert auf gesunde Bewegung, wissen wie wir unsere Mütter adäquat fordern- je nach Grad der Regeneration und sind mit anderen Berufsgruppen vernetzt um sie im Bedarfsfall weiterzuschicken. Außerdem haben wir alle selbst das Wunder der Schwangerschaft und Geburten erlebt, wir können also auch unsere persönlichen Erfahrungen mit dem fachlichen Wissen verbinden.

RH: Ist Euer Training ein Ersatz für eine herkömmliche Rückbildung, oder ein zusätzliches Angebot?

RCM: Wir sehen uns in erster Linie als Bindeglied zwischen dem frühen Wochenbett und dem Wiedereinstieg in den Sport. Wir finden es großartig, wenn Frauen zu uns kommen, die bereits bei ihrer Hebamme oder ihrem/r PhysiotherapeutIn Rückbildung gemacht haben und bei uns weiter betreut werden wollen. Es kommen dennoch einige zu uns die im Vorfeld noch keine therapeutischen Maßnahmen in Anspruch genommen haben. Sollte es in diesem Fall Beschwerden geben oder den Wunsch nach intensiver Betreuung gibt es bei uns immer die Möglichkeit zu uns die Ordination zu kommen oder wir können sie zu einem anderen Health Professional weiterschicken. Da in Österreich die Rückbildung leider nicht von der Krankenkasse übernommen wird, sind wir sehr bemüht auf diesem Weg auch Aufklärung zu leisten und unsere Mütter gut zu beraten.

RH: Ab wann darf man mitmachen? Gleich nach der Entbindung?

RCM: Nein! Erst nach ärztlicher Sportfreigabe darf bei uns mitgemacht werden. Wir unterscheiden hier auch zwischen spontaner Geburt – nach sechs Wochen – und Sectio- nach acht Wochen.

RH: Nehmt ihr Rücksicht auf die unterschiedlichen Geburtsverläufe? Oder macht Frau mit 20 Stunden Wehen, 3 Stunden Austreibungsphase, missglückter Saugglocke und dann Notkaiserschnitt dasselbe Programm mit, wie die Frau mit der 2 Stunden Traumgeburt ohne Geburtsverletzungen?

RCM: Jede Teilnehmerin wird zu ihrer Geburt befragt und im Vorfeld aufgeklärt was sie im Kurs erwartet. Zusätzlich werden Beschwerden oder andere Erkrankungen abgefragt. Auch bei den einzelnen Übungen werden verschiedene Übungsvarianten angeboten und besonders bei den Ausdauerintervallen wird immer wieder darauf hingewiesen unbedingt im Walken oder auch Gehen zu bleiben, wenn bestimmte Kriterien, wie Zeit, Beckenbodentest positiv (Tröpfchen, Schmerzen) noch nicht erfüllt sind. Auch für unsere Moms-to-be haben wir ein Factsheet, das im Vorfeld schon für Aufklärung sorgt.

RH: Nun ist ja der Beckenboden ein großes Thema, was die Zeit nach der Geburt betrifft. Und wir Beckenbodenphysio-therapeutInnen haben ja immer Angst, dass Frauen zu schnell wieder Aktivitäten machen, die ihren Beckenboden zu sehr belasten und sich dadurch die Bänder, welche die Gebärmutter von oben halten nicht gut rückbilden können. Stellt Ihr irgendwie sicher, ob der jeweilige Beckenboden schon „bereit“ ist?

RCM: Nach der obengenannten Anamnese folgen drei Assessments. Zwei um den Beckenboden bezüglich seiner Kraft und Ausdauer zu testen. Danach testen wir die Rectusdiastase. Diese Testbatterie findet vor JEDER Einheit statt. Auf diese Art lernen die Teilnehmerinnen sich selbst einzuschätzen, zu spüren und ihren Regenerationsfortschritt zu verfolgen. Außerdem werden die Mütter darauf geschult ihre Symptome vor, während und nach dem Training zu beobachten, um die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit richtig beurteilen zu können.

RH: Nach welchen Kriterien dosiert Ihr die Belastung? Wenn man internationale Guidlines liest, ist das ja nicht so klar und einfach…

RCM: Die erste Orientierung verschafft uns die Anamnese über die Geburt:

  • Art der Geburt (Sectio/ spontan)
  • Verlauf und Dauer?
  • Erstgebärend?
  • Mehrlingsgeburt?
  • Verletzungen?
  • Wurden Instrumente eingesetzt?

Wie oben erwähnt dürfen die Frauen nach sechs bzw. acht Wochen starten. Da wir auch „Moms Running Sessions“ – der Wiedereinstieg ins Lauftraining- anbieten, kommen viele Läuferinnen. Hier orientieren wir uns an einem geschlossenen Bauchmuskel, negativen Beckenbodentestungen, absoluter Beschwerdefreiheit. Zusätzlich raten wir frühestens nach spontaner Geburt nach drei Monate, nach Sectio nach 4 Monate mit dem Laufeinstieg zu beginnen. Dies bedeutet aber keines Falls, dass bereits nur im Laufen trainiert wird. In erster Linie wird die Teilnehmerin auf das Thema Beckenboden sensibilisiert: Worauf kommt es an, wie laufe ich richtig um den Beckenboden nicht unnötig zu belasten. Dazu gibt es Übungen um den sogenannten „Bounce“ zu reduzieren und den Rumpf so ruhig wie möglich halten.

Daher werden auch in diesen Einheiten Übungen zur Kräftigung der Rumpfkapsel gemacht. Unser Ziel ist es, dass die Teilnehmerinnen wissen worauf es im Training ankommt, welche Symptome ein Warnsignal sein könnten (Harnabgang, Schmerzen etc.) und dass es nicht „normal“ ist Tröpfchen zu verlieren oder Ähnliches. Im Wesentlichen geht es darum einen gesunden Einstieg in das Lauftraining zu vermitteln, denn auch Frauen mit abgeschlossener Rückbildung sollten langsam und schonend an das Thema herangehen.

RH: Habt ihr medizinische Kooperationen, wo ihr Frauen hinschickt, wenn sie vielleicht doch noch nicht „bereit“ sind?

RCM: Wir kooperieren derzeit mit Gynäkologen, Hebammen und Beckenboden-Osteopathinnen und bemühen uns stets unser Netz weiter auszubreiten. Wir legen großen Wert darauf unseren Müttern fachlich qualifizierte Anlaufstellen zu empfehlen, die wir auch persönlich kennen.

RH: Statistisch gesehen leiden 30% aller Frauen nach Entbindung unter Harninkontinenz. Wird da im Training Rücksicht drauf genommen?

RCM: Durch die Anamnese und die Assessments kommen hier einige Beschwerden ans Licht. Uns ist es wichtig viel Aufklärung zu betreiben. Dies erfolgt in der Gruppe, auf niemanden speziell bezogen, da es sich zwar um ein intimes Thema handelt, wir aber vermitteln wollen, dass es nichts Seltenes ist und frau nicht alleine ist! Wir räumen nach der Stunde immer Platz für Fragen ein. Es besteht immer die Möglichkeit zu uns in die Ordination zu kommen um in der Einzeltherapie noch intensiver arbeiten zu können.

RH: Wie sieht denn so ein Programm aus? Man kann ja immer einsteigen. Muss man dann gleich laufen und springen etc. Wie ist das so aufgebaut?

RCM: Wir sind die Ausnahme! Der Name ist NICHT Programm! Die RCM steht in erster Linie für Rückbildung und Training in der Schwangerschaft. Unser Schwerpunkt liegt in der „stabilen Mitte“. Die Rumpfkapsel steht in Kombination mit dem Beckenboden im Focus. Jede Einheit startet mit einem Aufwärmprogramm, danach werden Rectusdiastase und Beckenboden getestet. Bei Moms back on Track und dem Moms-to-be WORKOUT (kein Rectustest) geht es dann in drei Kraft- Ausdauerblöcke mit Focus auf Rumpf und Beckenboden. Dazwischen werden zwei Ausdauerintervalle absolviert, die auch im Gehen gemeistert werden können. Auch die „laufspezifischen Übungen“ zur Reduktion der „Erschütterung“ des Beckenbodens können alle im Gehen/ Walken durchgeführt werden.

Bei den Moms Running Sessions, die alle zwei Wochen stattfinden, steht der Wiedereinstieg in das Lauftraining im Focus. Auch diese Einheiten starten mit Aufwärmen und Testungen gefolgt von Stabilisierungsübungen der Rumpfkapsel und des Beckenbodens. Danach stehen Laufanalyse und laufspezifische Übungen im Vordergrund, um die Sprungbelastung zu reduzieren. Diese werden jedoch nicht alle im Laufen absolviert und auch hier wird mit individueller Intensität trainiert.

Beim Moms-to-be WORKOUT wird nach dem Aufwärmen wird nur der Beckenboden getestet. Im Focus stehen Rumpf- (schräge Bauchmuskeln und Rücken) und Beinkräftigung. Auch der Kreislauf wird bei den Ausdauer- Intervallen in Schwung gebracht. Bei diesem Workout werden ebenfalls drei Kraft-Ausdauerblöcke mit zwei Ausdauerintervallen, die meistens im Walken (je nach Beschwerden und Trimester) kombiniert.

RH: Sagen wir ich habe vor 6 Wochen entbunden und will mitmachen, was muss ich tun und wie läuft das dann ab?

RCM: Nach Absprache mit deinem Gynäkologen, der dir deine Sportfreigabe erteilt suchst du dir einen Termin/ Park aus der für dich passt. In Sportgewand, deinem Kinderwagen (jedes Modell möglich) und einer Wasserflasche kommst du zehn Minuten vor Beginn der Stunde zum Treffpunkt. Dort bezahlst du vor Ort deine €5 für dein Schnuppertraining bei der leitenden Physiotherapeutin (bei großem Andrang sind zwei Physiotherapeutinnen vor Ort). Du wirst zu deiner Geburt befragt und ob es Beschwerden gibt, bekommst einen kurzen Überblick über die Stunde und wirst darüber aufgeklärt, dass NUR DU DEINE Intensität bestimmst. Nach Unterzeichnung der AGBs starten alle gemeinsam in das Warm Up und die Testungen. Nach der kannst du deiner Physiotherapeutin noch offene Fragen stellen.

RH: Muss man sich anmelden?

RCM: Nein! Um unseren Müttern die Teilnahme immer zu ermöglich gibt es keine Anmeldung. Du kannst jeder Zeit kommen und mitmachen. Auch der Zehnerblock hat kein Ablaufdatum und ist übertragbar.

RH: Was kostet das Training?

RCM: €5 Schnuppertraining, €15 Einzelstunde, €130 Zehnerblock

Bei jedem Wetter 😉 außer bei zweistelligen Minustemperaturen und Starkregen!

RH: Danke für das Gespräch!

Mehr Infos finden Sie unter:

http://www.runningclinic.at


Franziska Malle, geboren 1987 in Klagenfurt

Studium

2005 – 2010 Bakkalaureatsstudium der Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Medizinischen Universität Graz

2010- 2013 Bakkalaureatsstudium der Physiotherapie an der Fachhochschule Joanneum in Graz

Beruf

2014/01 –2015/08 Physiotherapeutin im Wilhelminenspital Wien in der ambulanten Nachbehandlung traumatologischer PatientInnen sowie in der neurologischen Rehabilitation.

Seit 09/2015 selbstständige Physiotherapeutin mit Berufssitz im Health Service Center an der Wiener Privatklinik mit den Schwerpunkten Gynäkologie und Traumatologie

Februar 2016 Mitbegründerin der Running Clinic Mom in Wien

Fortbildungen

  • Sport in und nach der Schwangerschaft
  • Wochenbett und Rückbildung nach Angela Heller
  • Funktionelles Muskeltaping Teil 1
  • Fasziendistorsionsmodell nach Typaldos Modul 1 / Modul 3
  • Schmerzgebiete der Wirbelsäule

verheiratet, Mutter eines Sohnes 01.02.2017

Franziska Severino- Schönburg geb. 1985, Wien

Studium

2004-2007 Akademie für Physiotherapie, AKH Wien

Beruf

2007-2010 Sanatorium Hera, Wien

2010 Gründung der Physiotherapie Praxis WIENPHYSIO Health Service Center der Wiener Privatklinik www.wienphysio.at (Schwerpunkte: Sportverletzungen, Training in der Schwangerschaft und Rückbildung nach der Geburt, Orthopädie und Unfallchirurgie)

2016 Gründung der RUNNING CLINIC MOM; Laufplattform für Information, Inspiration und Motivation www.runningclinic.at

Fortbildungen

  • Training in der Schwangerschaft und nach der Geburt
  • Kinesiotaping
  • Cranio- Sacrale Osteopathie
  • Manuelle Therapienach dem Maitlandkonzept
  • Sportphysiotherapie Knierehabilitation

leidenschaftliche Läuferin, selbst Mami seit Oktober 2015.