Inkontinenz nach Geburt – Gründe, Arten, Therapie

Viele Frauen stellen nach der Geburt eines Kindes erstaunt fest, dass sie an Harninkontinenz oder manchmal auch Stuhlinkontinenz leiden. Im Folgenden finden Sie die häufigsten Arten, Gründe und Therapiemethoden.

Häufigste Form: Harninkontinenz

Zu Harninkontinenz nach Geburt kann es aufgrund von Nerven- oder Muskelverletzungen kommen. Auch eine generelle Beckenbodenschwäche als Folge von Schwangerschaft und Geburt kann der Grund sein.

Nervenverletzungen

In der Austreibungsphase (Phase der Presswehen) befindet sich der Kopf des Kindes im kleinen Becken der Frau. Dort verläuft auch jener Nerv, der die Beckenbodenmuskulatur versorgt. Es ist möglich, dass dieser Nerv durch den kindlichen Kopf gedrückt bzw. infolge des Drucks überdehnt wird. Dadurch kann es zu Harninkontinenz nach der Geburt kommen. Dies ist neben der Sorge um die Herztöne des Kindes ein Grund, warum sich Geburtshelfer eine rasche Austreibungs- phase wünschen.

Eine Nervenverletzung nach Geburt zeigt sich beispielsweise durch verminderte Sensibilität im Dammbereich, es kann zur völligen Unfähigkeit der Anspannung des Beckenbodens kommen, der Beckenboden wird häufig gar nicht mehr gespürt.

Die Therapie einer Nervenverletzung besteht aus Beckenbodentraining, bei dem der Nerv in seiner Regeneration unterstützt wird. Die Bewegung muss wieder neu “gebahnt” werden, da neue Nervenfasern erst in den Muskel einsprossen müssen. Meist dauert das Training des Beckenbodens bei geschädigtem Nerv deutlich länger, als bei Muskelschwäche ohne Nervenbeteiligung.

Muskelverletzungen und Muskelschwäche

In der letzten Phase der Geburt wird die Beckenbodenmuskulatur auf Kindskopfgröße ausgedehnt. Viele Frauen empfinden dabei ein schneidendes Gefühl. Oftmals kommt es dabei zu Dammrissen, von denen auch die Muskulatur betroffen sein kann. Durch die beschriebene Dehnung bzw. die Verletzung der Beckenbodenmuskulatur durch Risse kann es zu vermehrter Harninkontinenz kommen.

Die mit Abstand häufigste Ursache dürfte in einer generellen Schwächung des Beckenbodens in der Schwangerschaft und durch die Geburt liegen. Beckenbodentraining wird hier relativ rasche Erfolge zeigen.

Falls Sie von Harninkontinenz nach der Geburt eines Kindes betroffen sind, scheuen Sie sich nicht mit Ihrem Gynäkologen darüber zu sprechen. Der Arzt kann aufgrund Ihrer Angaben über Menge und Häufigkeit des Urinverlusts weitere Untersuchungen vornehmen oder Sie direkt zu einem Beckenbodentraining schicken. (Was in den meisten Fällen die erste Maßnahme ist.)

Verschwindet die Harninkontinenz nicht trotz konsequentem Beckenbodentrainings innerhalb eines angemessenen Zeitraumes, kann eine so genannte Bandoperation notwendig werden. (Was meiner Erfahrung nach sehr selten notwendig ist bei einer Harninkontinenz nach Geburt, da Beckenbodentraining das Problem in den allermeisten Fällen löst!)

Stuhlinkontinenz

Frauen, die bei der Geburt eines Kindes einen Dammriss dritten oder sogar vierten Grades erleiden können danach von Stuhlinkontinenz betroffen sein. Durch den starken Dammriss kommt es dabei zu einer Verletzung der Schließmuskeln des Afters. Falls Sie von einer solchen Stuhlinkontinenz (manchmal auch nur Windinkontinenz) betroffen sind, wenden Sie sich an einen spezialisierten Facharzt. Er wird überprüfen, ob Ihr Schließmuskel verletzt ist, ob ein operativer Eingriff zur Wiedererlangung der Kontinenz nötig ist, oder ein Schließmuskeltraining Ihnen helfen könnte.