Experteninterview Teil 2: Sport nach Schwangerschaft: Rückbildungsdauer

Dauer der Rückbildung und was untersucht der Gynäkologe eigentlich nach 6 Wochen?

Viele Frauen wissen nicht, was sie nach Schwangerschaft tun sollen/dürfen um die von der Schwangerschaft veränderten Strukturen angemessen rückzubilden. Was sich durch Schwangerschaft  und Geburt verändert und wie lange das Gewebe zur Heilung braucht, was der Gynäkologe eigentlich 6 Wochen nach der Geburt untersucht und wie Frauen sicher wieder in den Sport einsteigen können, darüber habe ich mich mit dem Gynäkologen Prim. Lothar Fuith unterhalten.

 

RH: Ausgehend von diesem Wissen müsste ich eigentlich den Frauen sagen, dass sie erst nach einem Jahr davon ausgehen können, dass die Strukturen wieder so sind, wie sie waren.

Prim. Fuith: Das ist aber gefährlich! Da tun die Frauen dann vielleicht ein Jahr gar nichts. Dann warten sie das Jahr ab, damit das von selber wieder gut wird. Dann hat man aber ein Jahr für die Rückbildung verloren. In der Rückbildungszeit sollten die Frauen von spezialisierten Physiotherapeutinnen betreut werden. Da sind sie in Wien eh in einer guten Position. Aber es gibt ja österreichweit viele weiße Flecken in Bezug auf Beckenbodentherapeutinnen sprich spezialisierte Physiotherapeutinnen. Das ist uns von der MKÖ ein Anliegen, diese zu füllen, damit Frauen nach Entbindungen sich flächendeckend an spezialisierte Physiotherapeutinnen wenden können.

RH: Wie lange brauchen diese Strukturen sich rück zu bilden nach einer Geburt?

Prim. Fuith: Also sicher einig sind wir uns darüber, dass es mit den sechs Wochen nicht abgetan ist. Also ich glaube nicht, dass Sie ein Literaturzitat finden, wo drinnen steht, wie lang das dauert. Vielleicht hat die Kari Bo da was dazu publiziert. Die hat da am meisten dazu gemacht.

RH: Was untersucht den der Gynäkologe sechs Wochen nach der Entbindung. Was wird bei dieser Untersuchung eigentlich geschaut?

Prim. Fuith: Der macht eine Spiegeleinstellung, schaut sich die Scheidenwände an, schaut ob Infektionen da sind, weil durch das Stillen eine ganz besondere hormonelle Situation da ist, die  durchaus Infektionen fördern könnte. Dann macht er einen Krebsabstrich, weil die ganze Schwangerschaft hat er keinen gemacht, den hat er zuletzt in der Frühschwangerschaft gemacht. Dann schaut er, ob Dammriss oder Episiotomie abgeheilt ist. Und er schaut, dass sich da in den Rissen oder dem Schnitt keine Granulationspolypen gebildet haben. Die müsste man entfernen, weil diese werden immer größer. Und er schaut im Ultraschall, ob das Cavum Uteri (Gebärmutterhöhle) leer ist, ob Plazentareste da sind. Das ist mittlerweile Standard. Man sieht dann gleich, ob der Uterus rückgebildet ist, was man grundsätzlich auch bei der Palpationsuntersuchung sehen würde. Aber im Ultraschall sieht man es genauer.

RH: Aber es ist standardmäßig kein Beckenbodenbefund dabei? Weil ich denke, da gibt es ein großes Missverständnis. Zu mir kommen Frauen, die glauben, die Freigabe nach 6 Wochen bezieht sich auf den Beckenboden. Die denken, es sei alles in Ordnung und sie können jetzt wieder laufen gehen etc. Und dann kommt die Senkung oder der Harnverlust beim Laufen und sie verstehen das nicht.

Prim. Fuith: Die Frage ist immer, was ist in Ordnung? Bis wir das in die Geburtshilfe rein bringen… Die wollen ja schon jetzt nicht gern hören die ganzen kritischen Berichte über den protrahierten Verlauf und über die Sectio und über die Vakuum… Aber nein, es ist KEIN Beckenbodenbefund bei dieser Untersuchung dabei!

Univ. Prof. Dr. Lothar Clemens Fuith
Primarius am Krankenhaus d. Barmherzigen Brüder
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Vorstand der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Eisenstadt
 Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG).
 Präsident der Medizinischen Kontinenzgesellschaft (MKÖ)
Ausbildung:
Medizinstudium Univ. Innsbruck; Promotion 1979
Postgraduelle Tätigkeit:
1979 bis 1982 Universitätsassistent am Institut für Medizinische Chemie und Biochemie an der Universität Innsbruck. (Prof. H. Grunicke und Prof. H. Wachter)
1981 Forschungsaufenthalt am Weizmann Institute of Science in Israel. (Prof. Gad Yagil)
Ab 1982 Assistenzarzt und Oberarzt an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Innsbruck. (Prof. O. Dapunt)
Akademischer Werdegang:
1991 Habilitation zum Universitätsdozenten mit dem Thema:
„Neue Aspekte in der Therapie des Ovarialkarzinoms“.
Ernennung zum a.o. Universitätsprofessor 1998.
Kontakt:
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder:
Johannes von Gott-Platz 1
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02682/601-3500
Lothar.Fuith@bbeisen.at
Ordination:
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