Experteninterview Teil 1: Sport nach Schwangerschaft und Geburt

Veränderungen durch Schwangerschaft und Geburt

Viele Frauen wissen nicht, was sie nach Schwangerschaft tun sollen/dürfen um die von der Schwangerschaft veränderten Strukturen angemessen rückzubilden. Was sich durch Schwangerschaft  und Geburt verändert und wie lange das Gewebe zur Heilung braucht, was der Gynäkologe eigentlich 6 Wochen nach der Geburt untersucht und wie Frauen sicher wieder in den Sport einsteigen können, darüber habe ich mich mit dem Gynäkologen Prim. Lothar Fuith unterhalten.

RH: Es gibt immer mehr Frauen, die nach der Geburt wieder sehr schnell sportlich aktiv werden wollen. Ich denke, interessant wäre es hier vorher zu überlegen, welche Gewebe durch Schwangerschaft und Geburt verändert werden.

Prim. Fuith: Es ist in erster Linie die Bauchmuskulatur, die ja durch den Druck der Gebärmutter und des Kindes verändert wird. Da kann es zu einer Rektusdiastase kommen. Es kann auch ein Nabelbruch entstehen. Ich bin sehr stark der Meinung, dass man einen Nabelbruch nicht sofort operieren muss, sondern abwarten soll. In der Schwangerschaft ist der Nabelbruch relativ harmlos, da sollte nichts passieren, weil die Gebärmutter ja die Gedärme weg drängt. Aber

nach der Schwangerschaft kann sich da der Darm hinein bewegen und das abzwicken und da ist zu überlegen, ob man das nicht gleich mit einem etwaigen Kaiserschnitt mit korrigiert. Aber sonst bin ich der Meinung, dass man nicht jeden kleinen Nabelbruch, gleich operieren muss.

RH: Das waren jetzt die Außergewöhnlichen Veränderungen. Was ist mit den normalen, also mit denen, die bei jeder Schwangerschaft statt finden. Den physiologischen Veränderungen?

Prim. Fuith: Wenn man da nach einer Geburt die Nachkontrolle

als Gynäkologe macht, und die Spiegeleinstellung macht, dann sind einfach die Scheidenwände ganz anders. Die Festigkeit ist nicht im gleichen Masse da, es ist eine kleine Senkung da. Eine Senkung der

Scheidenwand. Der Scheideneingang ist ja normalerweise kaum geöffnet. Das ist nach einer Geburt etwas häufiger. Der Fachausdruck dafür ist eine „klaffende Vulva“. Das ist, wenn die immer ein bisschen geöffnet ist. Das sieht man in sehr vielen Fällen. Außer beim Kaiserschnitt. Da erzählen viele Patientinnen nach Entbindung sie baden sich, stehen auf, trocknen sich ab und dann kommt noch ein Schwall. Das ist ein Indiz. Aber zurück zu den anatomischen Veränderungen: Eine kleine Senkung ist immer zu finden.

RH: Ich habe in der Ausbildung gelernt, dass ein Band zur Heilung 365 Tage braucht. Ist denn der Halteapparat der Gebärmutter mit den Bändern im orthopädischen Sinnen vergleichbar? Brauchen die demnach auch so eine lange Zeit zur Regeneration? Die Gebärmutter zieht sich ja nach der Geburt sehr schnell wieder zusammen. Tun das diese Strukturen auch?

Prim. Fuith: Das ist eine Kombination. Das sind einerseits Muskelstrukturen, aber es sind auch Sehnenstrukturen dabei. Also das ist eigentlich gemischt.

Univ. Prof. Dr. Lothar Clemens Fuith
Primarius am Krankenhaus d. Barmherzigen Brüder
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Vorstand der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Eisenstadt
Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG).
Präsident der Medizinischen Kontinenzgesellschaft (MKÖ)
Ausbildung:
Medizinstudium Univ. Innsbruck; Promotion 1979
Postgraduelle Tätigkeit:
1979 bis 1982 Universitätsassistent am Institut für Medizinische Chemie und Biochemie an der Universität Innsbruck. (Prof. H. Grunicke und Prof. H. Wachter)
1981 Forschungsaufenthalt am Weizmann Institute of Science in Israel. (Prof. Gad Yagil)
Ab 1982 Assistenzarzt und Oberarzt an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Innsbruck. (Prof. O. Dapunt)
Akademischer Werdegang:
1991 Habilitation zum Universitätsdozenten mit dem Thema:
„Neue Aspekte in der Therapie des Ovarialkarzinoms“.
Ernennung zum a.o. Universitätsprofessor 1998.

 

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