Kaiserschnittnarbe behandeln – Experteninterview

Dr. Thomas Filipitsch, Facharzt für Chirurgie, erklärt wie man Kaiserschnittnarben behandeln kann um sie schön und beweglich zu machen.

Kaiserschnittnarbe
Wundheilungsdauer bei Kaiserschnittnarben

RH: Wie lange braucht eine Narbe zur Heilung und ab wann soll man die Kaiserschnittnarbe behandeln?

Dr. Filipitsch: Die Narbenheilung dauert 3 Monate. Die Wundheilung selber dauert ungefähr 6 Wochen. 3 Monate braucht es bis das Bindegewebe sich so weit stabilisiert, wie es dann schlussendlich bleibt. Diese bindegewebigen Verwachsungen sind es oft, die Probleme machen. Deshalb würde ich von ärztlicher Seite nichts machen vor Ablauf von 3 Monaten.

Problem Keloid und tiefe Verwachsungen

RH: Woran erkennt man, dass eine Kaiserschnittnarbe nicht gut verheilt ist behandelt werden muss?

Dr. Filipitsch: Da muss man unterscheiden zwischen einerseits den sichtbaren Narben im Hautbereich. Da gibt es die Problematik des Keloides. Darunter versteht man überschießendes Narbengewebe. Dabei handelt es sich um ein optisches Problem. Das ist eigens zu behandeln. Die darunter liegenden Schichten können natürlich auch betroffen sein. Also bei einer Sectio (Kaiserschnitt) natürlich die Bauchdecke, die durchtrennt wird und Vernarbungen welche darunter liegen. Eine solche Verwachsung in der Tiefe führt zu einem Sperregefühl. Das ist eigentlich das Hauptproblem und fixiert alles. Beim Massieren oder Eindrücken der Narbe spürt man zudem, dass die Narbe nicht elastisch ist.

RH: Kann eine Verwachsung in der Tiefe einen Schmerz auch in Ruhe machen?

Dr. Filipitsch: Nein, nur bei Bewegung.

RH: Können Sie beschreiben wie Keloid aussieht?

Dr. Filipitsch: Keloid ist Wucherung von Narbengewebe. Die Narbe wird höckrig, unansehnlich, dies stört die Patienten meist sehr. Gründe dafür sind beispielsweise ein Entzündungsreiz in der Heilungsphase oder es ist rein genetisch. Dunkle Hauttypen also Afroamerikaner beispielsweise bekommen häufig Keloide – genetisch bedingt. Beim europäischen Typ mit heller Haut ist häufiger eine Entzündungsreaktion der Grund für eine Keloidbildung.

Narbenmassage

RH: Kann eine frühzeitige Narbenmassage der Grund für eine Keloidbildung sein?

Dr. Filipitsch: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Also sobald die Narbe eine gewisse Festigkeit hat also nach etwa. 8 Wochen kann man zu massieren beginnen, also die Kaiserschnittnarbe behandeln.

RH: Soll man Narben massieren?

Dr. Filipitsch: Ja! Auf alle Fälle. Mit Olivenöl oder einer Narbensalbe. Das ist bei allen Narbensalben dasselbe. Man massiert in kleinen Kreisen mit dem Ziel die Narbenstränge zu sprengen.

RH: Darf das weh tun?

Dr. Filipitsch: JA! Sonst wirkt es nicht. Die Narbenstränge müssen gedehnt werden und das darf man spüren.

Rote, wulstige Narben

RH: Was hat es zu bedeuten, wenn ein Narbe rot und wulstig ist?

Dr. Filipitsch: Es ist die Frage nach welcher Zeit. Eine Narbe sollte immer weiß werden, rot ist sie in den ersten Wochen, manchmal kann es auch 2-3 Monate dauern. Wenn sie wulstig ist, könnten evtl. Fadenreste darunter sein. Da mache ich immer einen Ultraschall der obersten Schicht um zu sehen, ob da irgendwelche Granulome (Abkapselung eines Fremdkörpers) drinnen sind. Da ist es natürlich wichtig, diesen zu entfernen. Bei Sectio Narben (Kaiserschnittnarben) sind Nahtreste gar nicht selten. Dies ist abhängig vom Nahtmaterial, das verwendet wurde. Ein zweiter Grund ist, die manchmal genetisch vorbestimmte, schon erwähnte Keloidbildung. Die Narbenbreite ist aber auch abhängig von der Beweglichkeit der Körperstelle. Rückennarben werden mehr bewegt und gedehnt, weshalb sie dazu neigen breiter zu werden als Narben im Brust oder Bauchbereich. Durch spezielle Schnitttechniken kann man aber auch diese Folgen minimieren.

Behandlungsmöglichkeiten bei Narbenproblemen

RH: Was könne Sie als Chirurg tun, wenn eine Narbe nicht so ist wie sie sein soll?

Dr. Filipitsch: Da muss man nochmal unterscheiden zwischen Keloid und Granulom als Grund für die Keloidbildung. Zuerst mache ich eine genaue Ultraschall-Untersuchung um zu sehen, ob da ein Fadengranulom ist. Dieses kann ich dann unter lokaler Betäubung entfernen. Die Narbe wird mit entfernt und nochmal neu in intracutaner Nahttechnik genäht. Dabei wird der Faden unsichtbar in der Haut versenkt. Anschließend wird mit Hilfe von speziellen Pflasterverbänden der Zug auf der neuen Narbe für 3 Wochen minimiert, um eine neuerliche Keloidbildung zu verhindern.

Kortison lässt Narbe schrumpfen

Als Alternative dazu kann man ein niedrig dosiertes Kortison in das Keloid einspritzen. Das bewirkt eine sehr starke Schrumpfung der Narbe. Das Keloid ist dann nach 2 Wochen weg. Es kann danach ein bisschen eingezogen aussehen. Auch hier ist natürlich die richtige Dosierung entscheidend. Danach kann man sich noch immer für eine chirurgische Korrektur entscheiden.

Wenn hingegen Verwachsungen in der Tiefe bestehen, kann man sie nur chirurgisch lösen. Das geht bei kleineren Narben meist in Lokalanästhesie in der Ordination. Größere Operationsnarben bedürfen einer Korrektur im Krankenhaus, um das Infektionsrisiko und die Belastung für den Patienten zu minimieren. Dabei schneide ich die Narbe aus und mobilisiere einzeln die darunter liegenden Schichten. So lockert sich das Gewebe auf beiden Seiten. Anschließend vernähe ich es dann wieder Schicht für Schicht, um Verwachsungen zu vermeiden.

RH: Gibt es Nebenwirkungen beim Unterspritzen?

Dr. Filipitsch: Ja schon, es kann die Haut ein bisschen schrumpfen, es können kleine Fältchen entstehen. Wenn es nicht entspricht, kann man es immer noch chirurgisch korrigieren.

RH: Und das Kortison, tut das weh?

Dr. Filipitsch: Das Kortison brennt ein bisschen, allerdings sind Narben generell weniger empfindlich, weil sie kaum Nerven haben. Damit ist es relativ schmerzarm. Das Kortison ist so niedrig dosiert, dass es keine generellen Auswirkungen auf Knochen etc. hat.

Narbenmobilisation durch Ultraschall Behandlung

RH: Was ist mit normal aussehenden Narben, die vielleicht an einer Stelle so leicht eingezogen sind, aber wenn man versucht die Haut abzuheben, dann gelingt das nicht. Man hat das Gefühl, dass die Haut unmittelbar mit dem darunter liegenden Gewebe verwachsen ist. Das sehe ich sehr oft bei Kaiserschnittnarben…

Dr. Filipitsch: Da ist meist der Grund die Nahttechnik, weil an dieser Stelle mit einer Naht mehrere Schichte gefasst wurden und nicht mehrschichtig vernäht wurde. Somit haften und vernarben mehrere Schichten zusammen. Aber das lässt sich sehr schön lösen, da gibt es ein Narbenentstörungsgerät, das mit Ultraschallwellen diese Narbenstränge sprengen kann. Das verwende ich in meiner Ordination. Es sieht aus wie ein großer Kugelschreiber. Es hat drei verschiedene Aufsätze von eher breit bis ganz dünn. Das macht so kleine Ultraschallwellen und die sprengen diese Narbenstränge. Das macht man 2-3 mal und kann damit auch Verwachsungen in der Tiefe lösen. Deshalb probiert man immer zuerst das Ultraschallgerät und spritzt beim Keloid minimal Kortison ein. Und erst wenn das alles nicht hilft, ist die letzte Option die chirurgische Sanierung.

RH: Tut der Ultraschall weh?

Dr. Filipitsch: Das hängt vom Schallkopf ab. Je breiter der Kopf, umso breiter ist die Auflagefläche und schmerzt weniger. Der mittlere tut ein bisschen weh und der kleine ist wie kleine Nadelstiche. Aber in einem absolut tolerablen Bereich.

RH: Den Ultraschall – wie oft muss man den machen?

Dr. Filipitsch: Man macht das öfter. Zumeist dreimal.

Operativer Eingriff zur Narbenmobilisation

RH: Tut ein chirurgischer Eingriff, also ein Operation weh?

Dr. Filipitsch: Ausschlaggebend für den Schmerzes nach der Operation ist, welche tieferen Schichten betroffen sind. Es ist eben schon ein kleiner Eingriff, ein normaler Wundschmerz ist also zu erwarten.

RH: Falls nun ein chirurgischer Eingriff notwendig ist. Kann dieser in der Ordination durchgeführt werden?

Dr. Filipitsch: Alles was die Haut betrifft ist in der Ordination möglich. Wenn auch oberflächliche Schichten, also direkt unter der Haut betroffen sind, ist dies ebenfalls in der Ordination möglich. Wenn allerdings Muskeln oder Faszien betroffen sind, muss man im sterilen OP arbeiten. Das kann man auch ambulant machen, weil es geht um die Sterilität der Umgebung und um Blutstillungsmöglichkeiten, also um die Sicherheit der Patientin.

RH: Gibt es Risikofaktoren der OP?

Dr. Filipitsch: Wenn jemand ein Keloid hat und eine genetische Neigung, dann ist natürlich das Risiko dass er/sie wieder ein Keloid bekommt gegeben. Prophylaktisch kann mit einem Pflasterverband oder Kompressionsverband entlastet werden, wenn das von der Körperlokalisation geht. Druck von außen verhindert Keloidbildung. Wie bei allen Eingriffen gibt es die Möglichlkeit einer Wundinfektion, sehr selten mit etwa 1%. Oder eine Nachblutung, die mit einem Risiko unter 1% auftreten. Hauptrisiko ist eigentlich, dass neue Verwachsungen kommen.

RH: Gibt es Nebenwirkungen bei den Behandlungen?

Dr. Filipitsch: Bei der chirurgischen Lösung der Schichten gibt es eigentlich keine Nebenwirkungen, sondern nur Verbesserungen. Denn die Beweglichkeit der Schichten, die sich vernarbt haben wird wieder hergestellt.

Auch bei Dammnarbe hilft Kortison und Unterspritzen

RH: Wie sieht es mit Dammnarben aus, die Probleme machen? Kann man da chirurgisch was machen?

Dr. Filipitsch: NEIN! Eine Korrektur einer Dammnarbe macht man nicht. Denn in diesem Bereich zu schneiden ist sehr riskant. Durch die Nähe zum Analkanal besteht eine hohe Keimzahl, sodass damit eine große Wundinfektionsgefahr verunden ist. Man kann das mit dem Ultraschall behandeln oder unterspritzen. Aber schneiden sollte man nicht!

Kosten

RH: Was sind die Kosten der unterschiedlichen Behandlungen?

Dr. Filipitsch: Die Kosten berechnen sich durch den Zeitaufwand. Ultraschall und Keloid unterspritzen ist ein Ordinationssatz. (181 Euro). Chirurgische Therapien kosten je nach Ausmaß ab 350 Euro. Der Patient wird darüber natürlich sehr genau vorher aufgeklärt.

RH: Danke für das Gespräch!

Kontakt Dr. Thomas Filipitsch:

Dr. Thomas Filipitsch
Facharzt für Allgemeinchirurgie
Alser Straße 20/7,
A-1090 Wien

Tel.: +43 1 336 1 336Kassen: VA, BVA, KFA, SVA, Wahlarzt für GKK

OA Dr. Thomas Filipitsch

1991 Promotion

1991-1994 Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin am KH Hollabrunn mit Jus practicandi

1995 Notarztdiplom

1994-1997 Ausbildung zu FA für Chirurgie am KH Hollabrunn bei Prof. Dr. Wunderlich

1995 Unfallchirurgische Gegenfach-Ausbildung am KH Mistelbach

1995 Handchirurgisches Diplom

1996 Plastische und Wiederherstellende Gegenfachausbildung AKH Wien

1997-2000 Universitätsassistent an der UNI-Klinik Wien, Abt. für Allgemeinchirurgie am AKH Wien

1998 Kinderchirurgische Gegenfach-Ausbildung

1999 Anästhesien und Intensivmedizinsche Gegenfach-Ausbildung

2000 Facharztdiplom

2000-2003 Oberarzt an der chirurgischen Abteilung am KH der Barmherzigen Brüder, Wien 2

seit 2003 Oberarzt am Evangelischen KH, Wien 18

Vortragstätigkeiten bei nationalen und internationalen Kongressen und SymposienMedizinische Publikationen in nationalen und internationalen Journals

Mitglied der österreichischen Facharztprüfungskommission