AK: Ja, eine Normalisierung des vegetativen Nervensystems, vor allem zugunsten des so genanntenParasympathikus,steht im Vordergrund. Zudem ist eine Identifikation von möglichen Stressoren wichtig, insbesondere wenn der Harndrang durch Ängste oder gelernte Verhaltensweisen getriggert wird. Konkret sind es Entspannungstechniken, mentale Strategien und Aufschubstrategien, das Einnehmen von bestimmten Positionen oder lockernde Bewegungen auf der Toilette, reflektorische Strategien wie Bindegewebsmassage oder Reflexzonentherapie sowie Gestaltung der Rahmenbedingungen, die erlernt werden. Zum Beispiel kann die Person immer nach einer Nahrungsaufnahme auf die Toilette gehen und jegliche Stressoren wie z.B. einen bereits wartenden Fahrtendienst,… versuchen zu vermeiden.
AK: Hierbei helfen vor allem die im vorigen Punkt genannten Strategien, ergänzt durch selbst angewandte Darmmassagen und eine Anpassung der Ernährung. Letzteres benötigt eine interdisziplinäre Kursleitung, die auch füreine Beratung zu Medikation und Hilfsmitteln sehr nützlich ist.
AK: Prinzipiell ja, denn nicht nur zwischen verschiedenen Erkrankungen, sondern bereits unter den MS-PatientInnen ist eine große Symptomvielfalt und -diversität gegeben. Durch die Inhomogenität innerhalb der Gruppe müssen immer individuelle Lösungen besprochen werden. Bei Parkinson ist bzgl. Obstipation zu bedenken, dass der Rat, mehr Ballaststoffe zu essen, sehr gefährlich sein kann und den Darm möglicherweise zu absolutem Stillstand bringt.
Ebenso muss die Anleitungvon Parkinson-PatientInnenaufveränderte Aufmerksamkeitsprozesse Rücksicht nehmen.
Ähnlich wird es bezüglich der Steuerung des motorischen Lernens: je weiter chronisch-degenerative Erkrankungen fortschreiten und die Fähigkeit der Willkürkontrolle abnimmt, umso mehr Wiederholungen und tatsächliche Ausführung der gleichen Übung sind notwendig.
AK: Das Training kann zwischen 45 min und 1,5 h dauern – abhängig von der Aufmerksamkeit, Gruppengröße und den behandelten Themen. Prinzipiell findet sie sitzend im Kreis statt, außer es werden Inhalte mit Übungen auf einer Liege eingesetzt (sofern die Mobilität der Betroffenen das erlaubt).Jede Einheit beginnt mit einer Befragung und Wiederholung, beinhaltet Theorie und Praxis.
Zu Beginn und am Ende jedes Kurses ist die Anamnese über einen Fragebogen wichtig, um individuell auf die Beschwerden eingehen zu können und die Wirkung des Kurses zu evaluieren.
Weiters ist der Einsatz von Tastuntersuchungen (Palpation), innerhalb des Kurses von außen über das Becken oder mit einem einmaligen Einzeltermin vaginal bzw. anal eine entscheidende Unterstützung zur Kontrolle und Förderung der selektiven Ansteuerung des Beckebodens.
AK: Je weiter die Erkrankung fortschreitet, umso kleiner und homogener sollte die Gruppe werden, damit jede Person extra behandelt und individuell beraten bzw. versorgt werden kann. Ich rate den meisten meiner PatientInnen zu regelmäßigen Einzeltherapie-Serien. Auch interprofessionelle Besprechungen gemeinsam mit den Betroffenen und ihren Angehörigen bzw. Pflegenden sind sehr wichtig.
Das Sitzen im Rollstuhl sollte die gesamte Dauer der Gruppe mit annähernd durchgehender Aufmerksamkeit möglich sein. Ab einer gewissen Behinderung können gezielte Dehnübungen oder strukturelle Techniken können nur mehr im Rahmen von Einzeltherapie durch TherapeutInnen oder angeleitete Personen umgesetzt werden, wenn die Betroffenen das selbst nicht mehr können.
AK: Ja, das ist sehr wichtig, mitunter aber von der Verfügbarkeit abhängig. Besonders relevant ist die Zusammenarbeit mit spezialisierten KrankenpflegerInnen (KSB), sowie Expertise/Diagnostik aus Urologie und Proktologie, Gynäkologie und Diätologie. Auch die Zusammenarbeit mit Logopädie oder Ergotherapie empfinde ich als sehr nützlich.
FH-Prof. Anita Kidritsch, MSc
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